Bis in den späten Abend hinein feierte die BSG Chemie am Samstag das 50. Jubiläum der DDR-Meisterschaft 1964. Auf dem Heimweg gerieten 20 Fans in eine wüste Schlägerei. Die Chemiker befanden sich um 0.20 Uhr in einer Straßenbahn der Linie 7 auf dem Weg in Richtung Innenstadt. "Am Goerdelerring hat eine Gruppe von 40 ebenfalls schwarz gekleideten Personen die Bahn gestürmt.", berichtet Polizeisprecherin Maria Braunsdorf.
Mit Stöcken, Reizstoffspray und einer Schreckschusspistole fielen die 
Angreifer laut Polizeibericht über die Fußballfans her und lieferten 
sich mit ihren Opfern eine wilde Prügelei, die sich teils in den 
Außenbereich der Haltestelle verlagerte. Nachdem die Polizei am Tatort 
auftauchte, war die Prügelei schnell beendet. Die Angreifer entkamen 
offenbar unerkannt. Die Beamten nahmen die Personalien von 15 Personen 
auf. Drei Chemiker erlitten Verletzungen. Ein Fan musste die Nacht in 
einer Klinik verbringen.
Augenzeugen aus Chemie-Kreisen wollten unter den Angreifern auch die 
polizeibekannten Lok-Hooligans Benjamin B. und Thomas K. erkannt haben. 
Die Betroffenen seien allerdings dermaßen verängstigt vor 
Rache-Aktionen, dass sie bisher die Aussage bei der Polizei verweigern.
Erst wenige Stunden zuvor lieferten sich nach Polizeiangaben 70 
Gewalttäter und 30 Handball-Fans eine Auseinandersetzung während des 
Heimspiels des SC DHfK gegen Hildesheim. Die Polizei musste schlichten. 
Nach Abpfiff der Partie flammte die Auseinandersetzung vor der Arena 
wieder auf.
Nach Darstellung der Beamten stehen beide Schlägereien in keinem 
Zusammenhang. Vielmehr handele es sich um Scharmützel zwischen den 
Fanlagern der beiden Clubs. Allerdings bemerkten die Polizisten im 
Umfeld der Arena einige Fußballfans. L-IZ.de liegen Informationen vor, 
wonach persönliche Kontakte zwischen den Ultras der BSG Chemie und der 
DHfK-Fangruppe "Rambazamba"  bestehen. 
Beide Vorfälle reihen sich in eine Serie von Rangeleien ein, die sich 
seit Oktober 2013 rund um den Leipziger Fußball ereigneten. Offenbar 
handelt es sich um Rivalitäten zwischen gewaltbereiten Lok-Anhängern und
 den Ultras der Betriebssportgemeinschaft. 
Zuletzt griffen Unbekannte mehrere Anhänger von Lipsia Eutritzsch an. 
Wenige Stunden zuvor hatte ihr Verein ein Heimspiel gegen die Leutzscher
 bestritten. Die Lipsia-Supporter führten ein grün-weißes Banner mit 
sich. Grün und Weiß sind zufällig auch die Farben der BSG Chemie. Eine 
Verwechslung ist so sicher wie das Amen in der Kirche.
Den Schlägern lässt sich, so sie überhaupt ermittelt werden, selten eine
 Tatbeteiligung nachweisen. Einerseits agieren die Hooligans und Ultras 
oftmals vermummt. Andererseits klammern sich die Opfer aus dem 
Fußball-Milieu häufig an ein selbst auferlegtes Schweige-Gelübde 
gegenüber den Behörden. Vorladungen der Polizei werden üblicherweise 
ignoriert. Werden Szenegänger von Staatsanwalt oder Gericht vernommen, 
weisen die Aussagen meist auffällige Erinnerungslücken auf.
Zudem hat die Leipziger Polizei in den vergangenen Jahren durch 
überzogen repressive Einsätze im Zusammenhang mit Chemie-Spielen selbst 
dazu beigetragen, dass das Vertrauen vieler Geschädigter in die Arbeit 
der Ermittler bei Null liegt. 
Vielmehr greifen die Fanszenen zum Mittel der Vergeltung, die gerne 
einen Zacken schärfer ausfallen darf, um die verloren gegangene Ehre 
wieder herzustellen. Unter diesen Rahmenbedingungen ist der nächste 
Angriff nur eine Frage der Zeit. Offenbar müssen vor allem Fans der 
Leutzscher momentan überall und zu jeder Tageszeit damit rechnen, von 
Hooligans attackiert zu werden. 
Selbst im chemiefreundlichen Szene-Kiez Connewitz machten die Schläger 
schon mit Autos Jagd auf Personen, die sie für BSG-Sympathisanten 
hielten. Die Polizei tut sich auffällig schwer, das Problem in den Griff
 zu bekommen. 
Dabei sind die Hooligans, die hinter den Angriffen zu stecken scheinen, 
seit Jahren den Behörden bekannt. Eine Spur führt zu früheren 
Mitgliedern von "Scenario Lok", die vom Verein zu Saisonbeginn mit 
Hausverboten belegt worden waren. Offensichtlich führt dieser 
Personenkreis seine gewaltsamen Aktivitäten nun außerhalb des Stadions 
fort.
