Es sollte die erste große Bewährungsprobe für die vor knapp zwei Jahren gegründete Neonazi-Partei „Die Rechte“ werden. Doch Christian Worch & Co. haben ihre Kandidatur bei der Europawahl in den Sand gesetzt.
Von Tomas Sager
4000 Unterschriften hätte „Die Rechte“ bis Montag um 18.00 Uhr für ihre Kandidatur sammeln und beim Bundeswahlleiter abgeben müssen. Doch das Ziel wurde offenbar weit verfehlt. Das hat vor allem zwei Gründe: an der Parteispitze organisatorische Unfähigkeit und an der Basis das Unvermögen der jetzt in der „Rechten“ aktiven Neonazis, vom einst in ihren „Kameradschaften“ erlernten Modus umzuschalten auf ernsthafte Parteiarbeit.
Unfreiwillig komisch klang es, als Worch seine „Kameraden“ am vorigen Donnerstag, nur vier Tage vor Abgabeschluss der Unterlagen, wissen ließ: „Die ersten 1000 sind geschafft!“ 3000 Unterschriften, „plus ein nötiger Überhang von ungefähr 10 Prozent, weil nicht alle von den Behörden anerkannt werden“, würden noch fehlen, schrieb er, als hätte man noch jede Menge Zeit. Viel spricht dafür, dass man sich bei der „Rechten“ schlicht verrechnet beziehungsweise nicht ins Wahlgesetz geschaut hatte. Und auch nicht in einen Terminplan des Bundeswahlleiters mit einer Übersicht der einzuhaltenden Fristen, der parteipolitischen Newcomern das Leben erleichtert – vorausgesetzt, sie nutzen ihn.
Mit dem falschen Datum geplant
Doch in Worchs Partei hatte offenbar kein Verantwortlicher einen Blick auf diesen Terminkalender geworfen – oder niemand den Vorsitzenden darüber informiert, dass Gefahr drohte. Einem Bericht der Tageszeitung „TAZ“ vom 10. Februar zufolge ging Worch jedenfalls davon aus, dass seine Partei noch bis zum 4. April ihre Unterschriften abgeben könne. Nicht nur Worch plante mit dem falschen Datum. Der „Rechte“-Kreisverband Hamm, angeführt von Bundesvorstandsmitglied Sascha Krolzig, der wegen seines Jura-Studiums parteiintern als juristisch bewandert gilt, berichtete am 14. Februar über seinen „ersten Infostand für Kommunal- und Europawahlen“. Für die Europawahl müssten „bis Anfang April“ Unterschriften gesammelt werden, hieß es in der Meldung. Der baden-württembergische Landesverband beriet am 22. Februar darüber, „wie man am effektivsten Unterstützungsunterschriften sammelt“. Doch dafür war es – eine Woche vor Fristablauf – längst zu spät.
Bei weiten Teilen der Parteibasis herrschte in den letzten Wochen braunes „business as usual“ vor. Eine „Mahnwache“ hier, eine Minikundgebung dort, die Teilnahme an Demonstrationen, eine Rechtsschulung, als Freizeitvergnügen ein Kickerturnier waren manchen wichtiger als das mühselige Einholen von Unterschriften. Hans-Jochen Voß, ein NPD-Funktionär mit besten Kontakten zur „Rechten“ in NRW, meint gar, „dass diese Kameraden anscheinend nicht sehr motiviert waren, für einen Antritt zur Europawahl Unterschriften zu sammeln“.
Flächendeckender Wahlantritt nur in Dortmund
„Die Rechte“ rätselt derweil, woran es gelegen haben könnte. „Ein wenig hat uns das verwundert: im letzten Sommer wurden in Nordrhein-Westfalen von damals ziemlich genau 200 Parteimitgliedern 2100 gültige Unterschriften für die Bundestagswahl gesammelt. Entsprechend leichter hätte es werden müssen, mit bundesweit ziemlich genau 500 Mitgliedern 4000 zu sammeln“, heißt es auf ihrer Internetseite. Vermutlich habe man aber „unsere Mitglieder und Anhänger nicht richtig darauf einstimmen konnten, dass auch eine solche Wahl beziehungsweise die Teilnahme daran wichtig ist“. Das sei aber kein „Beinbruch“. „Zumindest in einigen unserer nordrhein-westfälischen Hochburgen“ werde die Partei am 25. Mai zur Kommunalwahl wählbar sein und „dort auf jeden Fall mit vorzeigbareren Ergebnissen rechnen können als auf Bundesebene“
Doch auch in diesen angeblichen „Hochburgen“ entzaubert sich „Die Rechte“ gerade. Zwar will sie bei der Stadtratswahl in Dortmund flächendeckend antreten, in Hamm konnte sie aber nur für 14 von 29 Wahlbezirken und für drei der sieben Bezirksvertretungen Kandidaten finden. In Wuppertal kandidiert die Partei nach derzeitigem Stand nur für drei von zehn Stadtteilparlamenten, aber nicht für den Rat. Unterstützungsunterschriften müssen auch noch gesammelt werden. Bis 7. April. Diesmal wirklich.