Viel Lob, keine Selbstkritik: Innensenator Neumann empfängt Beamte der Krawall-Demo

Erstveröffentlicht: 
11.02.2014

Sie haben ihre Köpfe hingehalten, wurden teils schwer verletzt − Innensenator und Polizeichef lobten gestern Beamte für den Einsatz bei der Demo-Schlacht in der Schanze kurz vor Weihnachten. Das wäre ein guter Anlass gewesen, auch das eigene Vorgehen zu beleuchten. Doch Selbstkritik der Führung gab es keine.

 

Rund 120 Gäste hatten sich gestern Vormittag im Saal versammelt. Senator Michael Neumann (SPD), die Polizeiführung, Beamte, die unter anderem bei der Demo am 21. Dezember Dienst hatten. An den Wänden Fotos von vermummten Randalierern und zerstörten Polizeiwagen. „Sie alle sind hoch professionell in den Einsatz gegangen“, so Polizeichef Wolfgang Kopitzsch. „Ruhig und gelassen“ habe die Polizei agiert.

Dieser Tenor setzte sich fort, garniert mit Schelte für Kritiker. In den Einsätzen im Dezember seien die Beamten „immensen Belastungen ausgesetzt gewesen – auch im Nachhinein, was daraus gemacht wurde“.
Jegliche Kritik an der Polizei wurde vom Tisch gewischt. Etwa die an der Einsatztaktik bei der Demo am 21. Dezember.

Dass die Polizei von Demonstranten und Teilen der Politik für die Eskalation mitverantwortlich gemacht wurde, dass viele Demonstranten verletzt worden sind, dass die später eingerichteten Gefahrengebiete eventuell ein Fehler waren – fand keine Erwähnung.„Die Polizei ist nicht Player auf dem Spielfeld, sie ist Schiedsrichter“, sagte Neumann dagegen. Diese Sichtweise sei schwer ins Wanken geraten. Anonymen Beschuldigungen werde der gleiche Stellenwert eingeräumt wie Aussagen von Polizisten. In aller Vorsicht sagte er: „Es werden auch Kollegen Fehler gemacht haben im Einsatz. Dem gehen wir nach.“ Das rechtfertige aber nicht anonyme Tribunale im Internet.

Dirk Reimers, Chef des Polizeivereins Hamburg, hielt einen Pflasterstein hoch und referierte Zahlen: 171 Beamte seien bei den Krawallen verletzt worden, 60 von ihnen schwer – und manchmal würden Polizisten nach Demonstrationen ein zweites Mal verletzt: „an Redaktionstischen, in Parteibüros oder in Gerichtsgebäuden“.

An die Wachen der Gefahrengebiete verteilte er Schecks über 500 bis 1000 Euro. Die gab es auch für 13 Hundertschaften sowie die am schwersten verletzten Beamten – darunter Obermeisterin Sandra W. (27) aus München, die nach einem Steinwurf bewusstlos weggetragen wurde. Reimers: „Vielleicht können Sie bei einem Wellness-Wochenende etwas Abstand vom Geschehen gewinnen.“

 

Von Erik Trümpler