Alle Jahre wieder

Alle Jahre wieder
Erstveröffentlicht: 
09.02.2014

Das Thema WAGENBURGEN kehrt einmal mehr zurück in die politische Diskussion

 

Von Jens Kitzler

 

Immer wenn es ruhig geworden zu sein scheint, tauchen wieder eine Wagenburg in Freiburg und das Thema selbst auf dem politischen Tapet auf. Und einmal mehr zweifeln einige Stadträte an der Kraft eines sogenannten Grundsatzbeschlusses gegen städtische Standplätze.


Sie hießen Schattenparker, Kommando Treibstoff oder Kommando Rhino, nie tauchen Wagenburgen ohne originellen Namen auf. Die aktuelle auf dem Parkplatz vor der Pädagogischen Hochschule nennt sich „Sand im Getriebe“ und darf dort noch bis März stehen – die PH verzichtete im vergangenen Jahr auf eine Räumung und ließ die 14 Wagen dort überwintern. Nach den bisherigen guten Erfahrungen, sagt PH-Rektor Ulrich Druwe gegenüber Der Sonntag, gehe er davon aus, dass sich die Wagenbewohner an die Vereinbarung halten und gehen würden. Einen neuen Platz hat „Sand im Getriebe“ nicht – nächste Woche wollen sie ein Pressegespräch veranstalten.

 

Die ersten Wagenburgen tauchten in Freiburg Ende der 80er Jahre auf und sechs Jahre später dann in größerer Zahl auf dem damals gerade von den Soldaten verlassenen Gelände der Vauban-Kaserne. Seitdem gründeten sich immer wieder neue oder die alten tauchten an verschiedenen Ecken des Stadtgebiets wieder auf. Drei offiziell genehmigte Standorte auf Städtischem Gelände gibt es: Zwei am Nordwest-Ende des Flugplatzes, einen im Wäldchen zwischen der Opfinger Straße und dem Stadtteil Rieselfeld.


Zwei weitere Wagenplätze existieren seit vielen Jahren und auf Privatgelände bei Kappel und in St. Georgen. Weitere Versuche, Privatgelände für Wagenburgen bereitzustellen, scheiterten seitdem. FDP-Stadtrat und Grundbesitzer Nikolaus von Gayling hat sich nach eigenen Angaben immer wieder auf die Suche nach Standplätzen gemacht – vergeblich. Meist, sagt er, scheiterte man an amtlicher Genehmigung: Weil die Behörden entweder ein bestehendes Baurecht für die Gelände verlangten oder die gefundenen Wiesen in Natur- oder Wasserschutzgebieten lägen. Vorwürfe, die Behörden seien recht kreativ darin, solche Anfragen abzuschmettern, tauchen in Freiburgs Wagenburghistorie immer wieder auf – zur Beweiskraft reichte es nie.

 

Im Dezember vergangenen Jahres richteten die Stadträte SebastianMüller (Junges Freiburg), Coinneach McCabe (Grüne Alternative), Nikolaus von Gayling sowie die Unabhängige Listen eine Anfrage an die Stadtverwaltung. Wie die Erfahrungen mit den bestehenden Wagenburgen seien, wollte man wissen, und: Ob es tatsächlich einen rechtskräftigen Beschluss des Gemeinderats gebe, weiteren städtischen Wagenplätzen einen Riegel vorzuschieben – die Stadt jedenfalls beruft sich darauf.

 

Beschlusslage strittig

 

Bei den bestehenden Wagenplätzen gebe es keine Auffälligkeiten, gibt die Stadt auf Anfrage von Der Sonntag bekannt. Und: Ein Grundsatzbeschluss des Gemeinderates gegen weitere Plätze bestehe. Das Rathaus verweist auf eine Kette von Beschlüssen, die im Jahr 1992 beginnt und deren Aussage in Sitzungen in den Jahren 1995 und 1996 bestätigt worden sein soll. Doch wie verallgemeinernd sind diese wirklich? Stadtrat Sebastian Müller findet, Aussagen würden jeweils nur zu bestimmten Anträgen gemacht. Wie er und seine Mitstreiter mit der Antwort auf ihre Anfrage weiterverfahren wollen, sei noch nicht klar, sagt Müller.

 

Die Freiburger Grünen haben in ihremProgrammfür die kommende Kommunalwahl Wagenburgen als alternative Wohnform aufgenommen, wenn auch ohne eine eindeutige Aussage dazu zu machen. Vorstellbar sei, sagt Stadtrat Gerhard Frey, beispielsweise auf mittelfristig nicht genutzten Baugrund, Wagenburgen temporär einen Standplatz zu ermöglichen. Die Frage, ob ein Grundsatzbeschluss bestehe oder nicht, sei zumindest für den Gemeinderat ohnehin nicht so wichtig. „Der kann seine Beschlüsse von früher natürlich jederzeit wieder aufheben oder verändern“, sagt Frey.

 

Die Wagenburgler selbst halten die Existenz von Wagenplätzen bis heute weniger für eine Frage von Beschlüssen und Verordnungen, sondern schlicht für eine Frage des politischen Willens. Wieso, fragen sie zu Jahresbeginn in einer Pressemitteilung, dürften beispielsweise seit vergangenem Herbst Studenten auf einem Gebiet auf dem Güterbahnhof Nord im Rahmen eines Pilotversuchs in Containern leben – für ein Jahr mit Option auf Verlängerung? Die Ansiedlung jener Wagen ohne Räder begrüßte Baubürgermeister Martin Haag damals als mögliche Lösung gegen studentische Wohnungsnot.