KurdInnen in Syrien: Zwischen den Fronten

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Robert Teller, Neue Internationale 186, Februar 2014

Die „Friedenskonferenz“ in Montreux soll die syrische Revolution einem faulen Deal mit Assad opfern. Das Volk hat dort nichts zu melden, während - abgesehen vom Iran - Vertreter von 40 Staaten an der Zukunft des Landes und v.a. ihren eigenen Interessen mitwirken. Vertreter der KurdInnen, immerhin die größte nationale Minderheit, die in „Rojava“ eine bislang nicht erreichte Autonomie errungen haben, wurden gar nicht erst eingeladen.

 

Dabei ist die Region „Rojava“ für viele Linke zu einem der letzten Hoffnungsmomente der syrischen Revolution geworden - ein Grund mehr, sich mit der Perspektive des kurdischen Volkes in Syrien zu beschäftigen.

" alt="<--break->" src="/sites/default/modules/wysiwyg/plugins/break/images/spacer.gif">Im Verlauf der letzten Jahre hat die YPG-Miliz, die der „Partei der Demokratischen Einheit“ (PYD) nahesteht, die Kontrolle über Gebiete Syriens errungen, die „Rojava“ (kurd. „Westen“, also West-Kurdistan) genannt werden.

Mit „Rojava“ sind speziell drei Gebiete auf syrischem Gebiet gemeint, die mehrheitlich von KurdInnen bewohnt sind. Viele kurdische Orte werden heute von der PYD regiert, nachdem sich die syrische Armee um Juni 2012 von dort kampflos zurückgezogen hatte. Seit September 2011 distanziert sich die PYD öffentlich vom syrischen Regime, militärisch bildet sie jedoch häufig gemeinsame Fronten mit der syrischen Armee.

 

Der folgende Aufruf bezieht sich auf die Umwälzungen, die es seit Beginn der syrischen Revolution in Rojava gab:

 „Internationale Solidarität mit Rojava!

 Im Zuge des so genannten ‚Arabischen Frühlings' kam es auch in Syrien zu gerechtfertigten Aufständen gegen die dort herrschenden Verhältnisse. Sie richteten sich gegen die Regierung Assads und forderten mehr Freiheiten sowie die Einhaltung von Menschenrechten und Mitbestimmung.

 Durch die Einmischung verschiedener Länder in die Geschehnisse in Syrien ist der Konflikt längst nicht mehr von den dort lebenden Menschen bestimmt. (…) Doch neben diesen Konfliktparteien, die sich militärisch bekämpfen, gibt es noch eine andere politische Kraft: Eine Bewegung in dem zum größten Teil von Kurdinnen und Kurden bewohnten Nordsyrien, in der Menschen ihr Schicksal selbst in die Hände nehmen. (http://www.otkm-stuttgart.bplaced.net/j25/index.php/96-aktuell/375-rojava-das-schweigen-brechen)“

 

Die Überschrift fordert internationale Solidarität, der Text stellt aber auch klar, dass dies nicht als Unterstützung für den Arabischen Frühling zu verstehen ist.

 

KurdInnen in der Syrischen Revolution


Die KurdInnen bilden seit der Unabhängigkeit Syriens eine besonders unterdrückte nationale Minderheit. Etwa 300.000 syrische Kurden hatten bis 2011 keine Staatsangehörigkeit. Die im Abkommen von Sèvres festgelegten Grenzen zerteilen Kurdistan in syrisches, türkisches, irakisches und iranisches Territorium. Unter Hafiz Al-Assad wurde ab 1973 die „Arabisierung“ der kurdisch bevölkerten Gebiete betrieben mit Deportationen und Ansiedlung arabischer Bauern entlang der türkisch-syrischen Grenze. Zudem sind KurdInnen in ganz Syrien verteilt, in allen großen Städten gibt es viele KurdInnen, die dort der gleichen Unterdrückung ausgesetzt sind wie in ihrer „Heimat“. KurdInnen bilden also vielerorts eine nationale Minderheit. Wenn man sich vor Augen führt, dass dies die Realität für KurdInnen nicht nur in Syrien, sondern genauso in der Türkei, im Iran und im Irak ist, wird klar, dass die nationale Befreiung der KurdInnen mehr erfordert, als die Selbstverwaltung einzelner Regionen.

 

Es gibt unzählige Berichte, die belegen, dass KurdInnen 2011 von Anfang an am Aufstand gegen Assad beteiligt waren. Viele Bilder zeigen Demonstrationen z.B in Qamishli, auf denen sowohl kurdische Fahnen als auch die Fahne der syrischen Opposition getragen werden. Diese Demonstrationen wurden von einer Reihe von kurdischen Organisationen organisiert, u.a. die „Kurdish Future Movement“, die Yekiti- und die Azadi-Partei. Die PYD dagegen hat die Demonstrationen anfangs nicht unterstützt und meist eigene Demonstrationen parallel zu Protesten anderer Gruppen organisierte.

 

Auch in anderen Teilen des Landes demonstrierten KurdInnen gemeinsam mit AraberInnen, weil die KurdInnen in allen Städten eine ethnische Minderheit bilden. Ebenfalls seit Anfang der Kämpfe - und bis heute - kämpfen KurdInnen gemeinsam mit AraberInnen in der Freien Syrischen Armee (FSA). Es gibt eigene kurdische Verbände innerhalb der FSA.

 

Dass der Kampf der syrischen Kurden für Selbstbestimmung durchaus von den syrischen Oppositionsgruppen anerkannt wird, zeigte sich etwa am 9. März 2012, als im Gedenken an den kurdischen Aufstand in Qamishli 2004 in ganz Syrien Demonstrationen unter der Losung „Loyalty to the Kurdish Revolution“ stattfanden. Es gibt definitiv linke Kräfte, die das Recht auf nationale Unabhängigkeit für die Kurden fordern.

 

Die bürgerliche Führung der FSA um Salem Idris (wie auch andere Rebellenverbände) hat dagegen bei verschiedenen Gelegenheiten betont, dass sie eine Lostrennung der kurdischen Gebiete von Syrien nicht akzeptieren wollen. Diese Führungen haben - nicht nur in der kurdischen Frage - die Interessen der kurdischen und syrischen Massen verraten, haben deren Kampfziele bei westlichen Regierungen eingetauscht gegen vage (und bis heute unerfüllte) Versprechen. Hierfür erhalten sie zu Recht entschiedene Ablehnung. Aber gerade deswegen sollten KommunistInnen für eine andere Führung kämpfen, die den Massen verantwortlich und rechenschaftspflichtig ist und die Interessen von Kurden und Arabern verknüpft, anstatt sie gegeneinander auszuspielen.

 

Selbst die PYD-nahe kurdische Miliz YPG operiert z.B. in Aleppo tagtäglich in Absprache mit FSA-Brigaden, was zeigt, dass die pauschale Charakterisierung der FSA als „reaktionäre Mörderbanden“ eine abenteuerliche Vereinfachung ist. In der Selbstdarstellung der PYD heißt es: „Die Kurden nehmen am Syrischen Aufstand teil, seitdem er Mitte März 2011 begonnen hat. Das grundsätzliche Ziel unserer Partei ist, in dieser entscheidenden historischen Phase den friedlichen Charakter dieses Volksaufstandes zu erhalten und zu schützen, und jede Gefahr zu verhindern, dass diese Volksbewegung sich in einen arabisch-kurdischen Konflikt verwandelt.“ (http://www.pydrojava.com/eng/index.php/about)

 

Der „Dritte Weg“

 

Die Anerkennung des Selbstbestimmungsrechts des kurdischen Volkes - einschließlich des Rechts auf nationale Unabhängigkeit, sofern es die Mehrheit wünscht - wäre ein mächtiges Werkzeug in den Händen der syrischen Opposition und der Führung der FSA gewesen und wäre es selbst heute noch. Deren Ablehnung des Selbstbestimmungsrechts macht verständlich, dass die KurdInnen und ihre Organisationen nicht leichtfertig der FSA vertrauten.

 

Diese Position macht sich auch das syrische Regime zunutze und setzt darauf, dass die kurdisch-nationalistischen Parteien (v.a. die PYD) sich auf ihre Hochburgen in den ländlichen Gegenden von Afrin, Qamishli und Ayn al-Arab konzentrieren und im syrischen Aufstand keine Partei ergreifen. Deshalb hat Assads Armee bisher eine militärische Eskalation mit der PYD bzw. der YPG-Miliz vermieden und kurdische Orte und Viertel (z.B. Sheik Maqsood in Aleppo) im Vergleich zu anderen Orten verschont.

 Es war von den KurdInnen und der PYD zweifellos richtig, dort, wo sie konnte, die Macht an sich zu reißen und eine kurdische Autonomie zu errichten.

 

Der Führung der PYD selbst wollte von Anfang an eine taktische Allianz mit dem Assad-Regime. Ein Fakt, der in linken Solidaritätserklärungen verschwiegen wird. Saleh Muslim, Vorsitzender der PYD, sagte im November 2011:

„Es ist eine taktische Entscheidung. (…) Es gibt einen de-facto-Waffenstillstand zwischen den Kurden und der Regierung. Die Sicherheitskräfte sind damit überfordert, sich in allen syrischen Provinzen Demonstranten entgegenzustellen, und sie können gerade keine zweite Front im syrischen Teil Kurdistans eröffnen. Und wir wollen auch, dass die Armee sich raus hält. Unsere Partei ist damit beschäftigt, Organisationen und Komitees aufzubauen, die die Kontrolle übernehmen können, wenn das Regime dann zusammenbricht.“

 

Solche Aussagen sind die Grundlage dafür, dass große Teile der FSA die PYD einer verdeckten Kollaboration mit dem Assad-Regime beschuldigen. Entscheidend ist dahinter jedoch folgendes. Die PYD geht von der Vorstellung eines möglichen „Dritten Wegs“ im Bürgerkrieg aus. Dieser ist jedoch überhaupt nur machbar auf Grundlage der syrischen Revolution und eines andauernden relativen Gleichgewichts im Bürgerkrieg. Gewinnt einer der beiden Seiten die Oberhand, wird die Lage von „Rojava“ prekär, wenn die KurdInnen keine Verbündeten unter den arabischen Massen haben.

 

Eine permanente Paralyse der Kräfte des Regimes und des Aufstands (wie ein permanentes Gleichgewicht der verschiedenen Kräfte im Kampf gegen das Regime) ist eine utopische Konstruktion, die nie aufgehen kann. Das Schwanken der PYD zwischen „Unterstützung der Revolution“ und „Neutralität“, ohne klar eine Seite zu ergreifen, ist die Kehrseite der kurdisch-nationalistischen Politik der PYD. Sie ist keine proletarisch-revolutionäre oder „sozialistische“ Kraft, wie viele ihrer westlichen, unkritischen UnterstützerInnen gern behaupteten, sondern eine bürgerlich-nationalistische Bewegung, die unterschiedliche, ja gegensätzliche Klassenstandpunkt in sich zu vereinen sucht - von den kurdischen ArbeiterInnen, über die bäuerlichen Massen bis hin zu „patriotischen“ Unternehmern.

 

Es ist diese Klassenallianz, welche die Strategie der PYD v.a. auf die Schaffung der „Volkseinheit“  auf Grundlage einer kapitalistischen Warenproduktion orientiert. Die politische Position der PYD stellt somit ein - wenn auch im Vergleich zu vielen Kräften der FSA ideologisch linkeres - Gegenbild dar. Beide gehen von einer Revolution aus, die zu „demokratischen“ bürgerlichen Verhältnissen führt. Beide betrachten die Revolution nicht als untrennbar mit der Frage nach einer sozialistischen Neuordnung verbunden.

 

Der Begriff der „Kommune von Rojava“ ist daher auch irreführend, weil nirgendwo die kapitalistischen Grundlagen der Gesellschaft angegriffen werden. Er ist auch insofern irreführend, als er natürlich auch nicht ohne massive Konflikte unter kurdischen AktivistInnen selbst abgeht.

 

Die Vorstellung von einem „dritten Weg“ der PYD in „Rojava“ erweist sich schon als Mythos, wenn man nur die Ereignisse betrachtet, die zur Machtübernahme der PYD führten. Bis zum Sommer 2012 hatte die PYD nicht nur ihre Mitgliedschaft zum Stillhalten verpflichtet, sondern auch andere kurdische oder arabische Aktivisten, die gegen das Regime protestierten, bekämpft. Ein Beispiel ist der Angriff von PYD-Unterstützern am 3. Februar 2012 auf eine Menge von Demonstranten in Afrin, die zuvor aufgefordert wurden, hinter der PYD-Fahne zu marschieren. Nach einer Serie von blutigen Angriffen durch die PYD auf DemonstrantInnen Anfang 2012 haben viele oppositionelle Gruppen ihre Aktivitäten in Afrin eingestellt. In vergangenen Monaten gab es Berichte, dass die YPG-Miliz politische Gegner entführt, die zu unabhängigen Jugendgruppen gehören oder Parteien, die im KNC (Kurdish National Council) organisiert sind.

 

Auch die lokalen Koordinierungskomitees in Syrien haben diese Attacken verurteilt: „Die Lokalen Koordinierungskomitees weisen diese Praktiken zurück und verurteilen sie mit den schärfsten Worten, und wir fordern die politische und militärische Führung der PYD auf, diese eklatanten Verstöße gegen Einwohner zu stoppen und ihr Verhalten und ihre Strategie in der Gegend insgesamt zu ändern, jede Art von Unterdrückung zu beenden (...)“

 

So attraktiv auch die Vorstellung sein mag, dass die „friedliche Revolution“ in „Rojava“ aufgrund der besonnenen Politik der PYD möglich wurde, ist die Realität doch anders: Das Assad-Regime hat in den meisten kurdischen Gegenden die Staatsmacht an die PYD übergeben, um die militärisch stärkste kurdische Organisation „neutral“ zu halten. Die PYD wiederum setzt ihre Miliz als neue Staatsmacht in Kooperation mit Teilen des Assad-Apparates ein.

 

Das ändert natürlich nichts daran, dass es eine Pflicht von sozialistischen RevolutionärInnen, allen fortschrittlichen und demokratischen Kräften der Syrischen Revolution ist, das Bündnis mit den KurdInnen gegen Assad zu suchen und in der Revolution für deren Recht auf Selbstbestimmung einzutreten. Nur so können die Kräfte gegen das Regime gebündelt werden und bei den KurdInnen die sehr reale Angst überwunden werden, dass auch ein Sieg der Revolution für sie weiter nationale Unterdrückung bedeutet.

 

Angriffe von Jabhat al Nasra und ISIS

 

Die islamistischen Gruppen Jabhat al Nasra und ISIS (Irakischer Staat von Irak und Syrien) haben in den vergangenen Monaten in Nordsyrien kurdische Orte angegriffen, die unter Kontrolle der YPG-Miliz stehen. Die Angriffe und die Verbrechen gegen ZivilistInnen wurden von allen kurdischen Parteien verurteilt. Auch eine große Mehrheit der syrischen Opposition lehnt diese Attacken ab, viele FSA-Verbände und Komitees in Syrien haben die Angriffe verurteilt. (siehe dazu: http://syriafreedomforever.wordpress.com/2013/07/26/statement-from-the-damascus-revolutionary-coordination-about-what-is-happening-in-qamishli-and-sery-kany-ras-al-ain-and-tel-abyad/)

 

Man sollte auch nicht übersehen, dass die gleichen salafistischen Organisationen wie ISIS, die seit Monaten kurdische Orte attackieren, auch FSA-Stützpunkte angreifen und unzählige Menschen wegen ihrer politischen Aktivitäten (aber auch wegen als „unislamisch“ bezeichnetem Verhalten) verhaftet und in vielen Fällen gefoltert oder getötet haben.

 

In Ar-Raqqa, Hauptstadt der gleichnamigen Provinz im Nordosten Syriens, hat ISIS nach heftigen Auseinandersetzungen und Protesten im November die Kontrolle übernommen. Die Stadt war im Frühjahr von der Kontrolle des Assad-Regimes befreit worden und seitdem selbstverwaltet, eine Hochburg demokratischer Freiheit und politischer Opposition gegen das Regime. Die Machtübernahme der Islamisten war nur gegen massiven Widerstand möglich, wie diese Stellungnahme der Syrischen Revolutionären Linken zeigt:

 

„Die reaktionären, religiösen Kräfte wie ISIS und dessen Schwesterorganisationen verübten die schlimmste Art von Gewalt und Terror gegen die Massen und gegen Aktivisten, (...). Diese faschistischen und reaktionären, konterrevolutionären Gruppen müssen bekämpft werden, auch um das Bewusstsein der revolutionären Massen hierfür zu vergrößern, wie es ebenso nötig ist, die Revolution gegen das unterdrückerische Assad-Regime voranzutreiben. (...) Sturz des blutigen bürgerlichen Regimes und nieder mit den konterrevolutionären Kräften! Sieg der Revolution des Volkes! Alle Macht und allen Reichtum der Bevölkerung!“ (http://syriafreedomforever.wordpress.com/2013/09/25/statement-of-the-revolutionary-left-current-in-syria-on-the-events-of-raqqa)

 

Diese Auseinandersetzungen finden bei den deutschen AnhängerInnen der PYD kaum oder keine Beachtung, obwohl die revolutionären Kräfte in Syrien eigentlich zu den natürlichen Verbündeten der KurdInnen zählen sollten - sowohl im Kampf gegen das Regime, als auch gegen die Islamisten. Die PYD tendiert zur Position, dass der Kampf für die Revolution in Syrien bereits verloren wäre, und verweigert daher eine gemeinsame Kampffront zwischen Arabern und Kurden. Die Behauptung, dass der syrische Aufstand auf jeden Fall zum Sieg der Islamisten führen wird, ist schlicht eine Lüge, das hat zuletzt die Vertreibung von ISIS aus vielen Ortschaften in Idlib und Aleppo Anfang Januar und die Bildung einer Rebellenallianz gegen ISIS gezeigt. Man kann sicher davon ausgehen, dass nach einer möglichen Niederlage des syrischen Aufstands - ob durch Islamisten oder durch Assads Truppen - ein Massaker an der kurdischen Bevölkerung und die Zerschlagung ihrer Selbstverwaltung kommen wird.

 

KommunistInnen sollten für das Selbstbestimmungsrecht der kurdischen Bevölkerung eintreten. Unabhängig von dieser Frage, über die es unter syrischen Kurden unterschiedliche Meinungen gibt, ist klar, dass der eigene kurdische Staat die nationale Unterdrückung der Kurden nicht automatisch beenden wird. Einerseits würde dieses „Kurdistan“ v.a. in Syrien aus kleinen, nicht miteinander verbundenen Landflecken bestehen, was eine eigene, unabhängige wirtschaftliche und politische Entwicklung unmöglich macht. Andererseits können die Schäden, die durch die Arabisierungspolitik des Baath-Regimes am kurdischen Volk angerichtet wurden, nur durch massive Kompensationen durch den syrischen Staat wieder ausgeglichen werden (u.a. Neuverteilung von Land und Entschädigung der damals enteigneten Familien).

 

Kurzum, als KommunistInnen sind wir für das Recht auf einen unabhängigen Staat der Kurden, aber wenn dies unsere einzige Forderung wäre, dann wären wir keine Kommunisten, sondern Nationalisten. Der Nationalismus der PYD ordnet die Interessen der unterdrückten kurdischen Massen dem „nationalen Interesse“ unter. Die nationale Befreiung der KurdInnen kann nicht von den anderen revolutionären Bewegungen - in Syrien, aber auch in der Türkei - isoliert werden.

 

KommunistInnen sollten gleichzeitig für das Recht auf Selbstbestimmung der KurdInnen und für den Sieg der syrischen Revolution kämpfen. Die demokratischen Fragen der syrischen und arabischen Revolutionen kann nur durch die Errichtung einer Arbeiter- und Bauernregierung gelöst werden, die sich auf Räte und bewaffnete Milizen stützt, sie kann nur gelöst werden, wenn die Revolution zu einer sozialistischen wird.

 

Diese Strategie wird von der PYD abgelehnt. So gerechtfertigt und notwendig es ist, die PYD (und die PKK) gegen imperialistische Hetze und Unterdrückung zu verteidigen, sich mit ihnen gegen Islamisten und Assad zu verbünden, so sollten sich KommunistInnen nicht zu WortführerInnen kurdischer Nationalisten machen, sondern versuchen, die ArbeiterInnen und kurdischen Massen für ein Programm der sozialistischen Revolution zu gewinnen, das zum Ziel hat, eine Föderation sozialistischer Staaten im Nahen Osten zu errichten.