Am Montag, den 16.12., wurde ein Bußgeldverfahren gegen zwei Antimilitarist_Innen, die in Strausberg vor Gericht standen, nach zweieinhalbstündiger Verhandlung eingestellt. Ihnen wurde vorgeworfen, unbefugt Militärgelände (GÜZ, Altmark) betreten zu haben.
Die Gerichtsverhandlung verlief anders als erwartet, nachdem bereits im 
Sommer 2013 ein Antimilitarist in gleicher Sache zu einem Bußgeld von 
60€ verurteilt worden war. Der Richterin war im Laufe des Prozesses viel
 daran gelegen, die Zeugin der Wehrbereichsverwaltung sowie den 
geladenen Feldwebel für deren schlampige Ermittlungen und falsche 
Feststellungen in der Akte zu tadeln. Zum genauen Tatvorgang konnten die
 geladenen Zeug_innen auch nicht viel sagen, weil sie gar nicht vor Ort 
waren. Auch nach Nachermittlungen, wo genau welche Schilder standen, 
konnte nicht geklärt werden, ob die vier Personen aus dem PKW hätten 
erkennen müssen, inwieweit es sich bei der von ihnen befahrenen Straße 
schon um gesperrtes Militärgelände handelte. Als sich abzeichnete, dass 
weitere Prozesstermine notwendig würden, bot Richterin Kube eine 
Einstellung des Verfahrens an, der die beiden Betroffenen zustimmten. 
"Wir betrachten es als einen Erfolg, dass wir eine Einstellung erwirkt 
haben, statt einfach dass Verwarngeld zu akzeptieren", so eine der 
Betroffenen. "Darüber hinaus hat der Prozess einen interessanten 
Einblick in das Innenleben des Militärs ermöglicht: Bei der Armee ist 
keine_r für irgendwas verantwortlich, alle verweisen auf Chefs und 
Vorgesetzte und am Ende stehen eine Menge falscher Behauptungen in den 
Akten und keine_r ist es gewesen."
Hintergrund:
Im Sommer 2012
 protestierten Antimilitarist_Innen, im Rahmen des 
war-starts-here-Camps, in der Altmark, nahe des Gefechtsübungszentrums 
Heer, gegen weltweit geführte Kriege der Bundeswehr.
Von Anfang 
an wurde versucht den Widerstand zu erschweren und zu kriminalisieren. 
Wie der Staat mit ihm unliebsamem Protest umgeht bekamen auch die vier 
Aktivist_innen, die in der Nähe des GÜZ mit dem Auto unterwegs waren, in
 Form von Bußgeldern zu spüren. "Die Polizei behauptet, weil wir 
politische Menschen seien, hätten wir uns dem GÜZ gar nicht erst nähern 
dürfen. Die weiträumige Verbotszone galt aber nur für Versammlungen, 
nicht für Autofahrten, aber das ist der Polizei offenkundig egal. 
Ähnlich agiert die Wehrbereichsverwaltung und verfolgt den Aufenthalt 
außerhalb des umzäunten Geländes auf offen zugänglichen Straßen. Die 
Verfolgung ist ausschliesslich politisch motiviert", so eine der 
Betroffenen.
Warum ist der Prozess in Strausberg…?
Militaristische Tradition am Amtsgericht Strausberg
Bußgeldverfahren
 finden nicht am Tatort statt, sondern dort wo die Behörde sitzt, die 
das Bußgeld erlassen hat. In diesem Fall handelt es sich dabei um die 
Wehrbereichsverwaltung Ost in Strausberg (seit Juli wäre nach der 
Auflösung der Wehrbereichsverwaltungen für solche Verstöße das neue 
Bundeswehr-Bundesamt für Infrastruktur, Umweltschutz und 
Dienstleistungen mit Sitz in Bonn zuständig). Das Amtsgericht Strausberg
 hatte in der Vergangenheit bereits mehrmals mit antimilitaristischem 
Engagement zu tun und hat bewiesen, wessen Interessen es schützt:
2008
 wurde der Totalverweigerer Moritz aus Neumünster vom Amtsgericht 
Strausberg zu 60 Tagessätzen verurteilt. „Da es zu spät ist mit der 
Verweigerung eines Krieges anzufangen, wenn er bereits da ist, gehört 
die Verweigerung gegen die Grundlagen des Militärs unbedingt dazu: die 
Verweigerung von Befehl und Gehorsam in ‘Friedenszeiten’. Grundlagen, 
die permanent in dieser Gesellschaft geschaffen werden. Den Autoritäten 
so oft wie möglich Nein! zu sagen, ist deshalb eine antimilitaristische 
Aktion.“ so Moritz.
2010 wurde außerdem der Totalverweigerer 
Jan-Patrick hier zu 50 Tagessätzen Geldstrafe verurteilt, ebenfalls weil
 er sich den Befehlen der Bundeswehr widersetzt hatte.
Der Militärstandort der „Garnisonsstadt“ Strausberg
Vor
 der Reform der Bundeswehr war Strausberg ein sehr bedeutender und auch 
personalstarker Standort des deutschen Militärs mit langer 
Militärtradition. Mit der Umstrukturierung hat sich an der Lage in 
Strausberg vieles verändert. So findet in Zukunft keine 
Luftwaffenausblidung mehr dort statt und auch die Wehrbereichsverwaltung
 Ost wurde Ende Juni 2013 aufgelöst. Hinzugekommen ist jedoch das 
Kommando Heer. Bundeswehrakademie und ein Sanitätszentrum haben 
weiterhin ihren Sitz in Strausberg. Die Stadt hat einen 
Patenschaftsvertrag mit der Bundeswehr und in 
Kommunalwahlkampfprogrammen wird explizit eine Intensivierung der 
Partnerschaft gefordert.
In diesem Klima ist es umso wichtiger, 
klar und deutlich Stellung zu beziehen gegen eine Politik, die für 
Profit und Wirtschaftswachstum über Leichen geht.
Weitere Infos unter krieg.nirgendwo.info

